Obwohl das Wissen über die biochemischen Veränderungen bei
Depressionen heute viel besser ist als vor zehn Jahren, ist die Entstehung
dieser Vorgänge noch nicht abschließend geklärt. So können
Veränderungen in der Arbeitsweise des zentralen Nervensystems nicht nur
genetische Ursachen haben, sondern auch die Folge von ungünstigen
Verhaltens- oder Denkgewohnheiten sein. Auch können psychische Faktoren
eine bestehende Depression stabilisieren oder verschlimmern. Negative
Gedanken über sich oder über die eigene Situation oder der Rückzug von
Umwelt und Mitmenschen kann in einen Teufelskreis aus verschlimmerter
Depression und weiterem Rückzug münden. Es ist daher oft sinnvoll, eine
medikamentöse Therapie durch eine psychotherapeutische Behandlung zu
unterstützen.
Die Wahl der geeigneten psychotherapeutischen Maßnahmen
hängt dabei von der Art der Depression aber auch vom Schweregrad ab.
Betroffene sollten keinesfalls auf eigene Faust auf dem
"Psychomarkt" nach Hilfe suchen, sondern sich diesbezüglich mit
Ihrem Arzt abstimmen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Während früher häufig "sprechende"
Therapieverfahren zum Einsatz kamen, wird heute oft mit
verhaltenstherapeutischen Maßnahmen sehr erfolgreich therapiert. Es geht
in der Verhaltenstherapie nicht in erster Linie darum, in der
Vergangenheit liegende Ursachen für eine Depression aufzudecken. Vielmehr
wird versucht, ungünstige Verhaltensmuster und Denkgewohnheiten, deren
sich die Patienten meist gar nicht bewusst sind, zu identifizieren. In der
eigentlichen Behandlungsphase lernt der Patient dann unter Anleitung
seines Psychotherapeuten, andere Verhaltensweisen zu entwickeln und
einzuüben. Beispielsweise kann schrittweise versucht werden, wieder
"unter die Leute" zu gehen, die Arbeit wieder aufzunehmen und
die alltäglichen Dinge zu bewältigen. Auch Selbstzweifel, Selbstanklagen
und negative Ansichten über andere Menschen und über beispielsweise
Misserfolge in Alltagssituationen werden besprochen. Mit Hilfe des
Psychotherapeuten können die Patienten allmählich lernen, ihre häufig
negative Sicht der Dinge gegen eine neutrale oder positive Haltung
einzutauschen. Dies kann selbstverständlich nicht über Nacht geschehen.
Auch die Entwicklung der depressiven Weltsicht hat sich ja häufig nicht
plötzlich ergeben sondern sich allmählich entwickelt. Entsprechend
dauern psychotherapeutische Behandlungen meist einige Wochen, bisweilen
Monate. Auch müssen die Patienten erst allmählich lernen, ihre
veränderten Verhaltensweisen und Gedanken im Alltag anzuwenden, ohne die
ständige Hilfe des Psychotherapeuten.
Psychotherapie beginnt bereits beim ersten
Kontakt zwischen dem Arzt und dem depressiven Patienten, indem der
erfahrene Arzt dem Kranken aufmerksam und konzentriert zuhört und sich
auf dessen Belange einlässt. Wichtig für den Patienten ist, dass er sich
ernst genommen, akzeptiert und gut aufgehoben fühlt. Dem erfahrenen Arzt
ist klar, dass sich ein depressiv Erkrankter häufig körperlich krank
fühlt und so wird er behutsam auf das Thema Depression überleiten. Dabei
wird er vorschnelle Interventionen und Ratschläge vermeiden.
Die wichtigste Botschaft des ärztlichen Gespräches ist die
Mitteilung, dass die Depression eine behandelbare Krankheit ist, die
wieder vorbei geht.