Geschichte des Begriffs "Depression"
Das Wort "Depression" leitet sich vom lateinischen
"deprimere" ab, was etwa "niederdrücken" bedeutet.
Depression ist wohl die häufigste psychiatrische Erkrankung. Die
Beschäftigung mit ihr reicht bis in die Antike zurück.
Der um 460 v.Chr. geborene griechische Arzt Hippokrates
hat eine psychosomatische Typologie erstellt. Unterschiedliche
Temperamente gehen danach auf das Mischungsverhältnis der vier
Körpersäfte Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle zurück. Neben dem
heiteren Sanguiniker, dem aufbrausenden Choleriker und dem gemächlichen
Phlegmatiker gibt es noch den schwermütigen (schwarzgalligen)
Melancholiker.
Bis zum heutigen Begriff "Depression" führt eine
komplizierte Wissenschaftsgeschichte, in deren Verlauf (der hier nur
verkürzt wiedergegeben werden kann) zunächst ganz andere Bezeichnungen
verwendet wurden. Im 19. Jahrhundert findet sich in der englischen,
französischen und deutschen psychiatrischen Literatur der Begriff
Dysthymie als Synonym für Depression bzw. für den Wechsel zwischen
Depression und Euphorie (Manie). In der Tradition der Typenlehre hat
Anfang des 20. Jahrhunderts der Tübinger Persönlichkeitsforscher und
Psychiater Ernst Kretschmer unter anderem den Körperbau mit psychischen
Erkrankungen in Verbindung gebracht. Nach Kretschmer handelt es sich bei
der Dysthymie um ein angeborenes Temperament, das eine Veranlagung für
Depression darstellt. Tatsächlich wird heute von einer angeborenen, d.h. genetischen
Veranlagung für Depression ausgegangen. Der ebenfalls im 19.
Jahrhundert aufgekommene, auf Karl Kahlbaum zurückgehende Begriff der
Zyklothymie hat eine wechselvolle Geschichte. Ursprünglich und im
deutschsprachigen Raum hat er die so genannte bipolare Erkrankung, also
den Wechsel zwischen (depressiver) Dysthymie und (manischer) Hyperthymie
bezeichnet. Heute wird der Begriff Zyklothymie allerdings anders, nämlich
zur Bezeichnung einer anhaltenden, aber leichten Stimmungslabilität
verwendet.
Der englische Psychiater Henry Maudsley verwandte den
Begriff der affektiven Störung. Der aus der Schweiz stammende und an der
Johns-Hopkins-Universität in Baltimore lehrende Psychiater Adolf Meyer
war weniger an den "psychobiologischen" als an den
"psychosozialen" Ursachen der Erkrankung interessiert. Er
bevorzugte den Begriff Depression. Im Gegensatz etwa zum Begriff der
Melancholie, der ja eine biologische Verursachung umfasst, ist der Begriff
Depression hinsichtlich der Erkrankungsursachen neutraler. Die Grundlagen
des heutigen Verständnisses der Depression hat allerdings in erheblichem
Maße der Psychiater (und Gründer des Max-Plank-Instituts für
Psychiatrie) Emil
Kraepelin Ende des 19. Jahrhunderts gelegt.
Wieder mit Vorstellungen zur Verursachung der Erkrankung
zusammengebracht wurde der Begriff Depression dann in den 60er Jahren des
20. Jahrhunderts. Um eine nicht-organische Verursachung von einer
organischen zu unterscheiden, kamen unter anderem die Begriffe neurotische
(exogene) und endogene Depression auf. Diese Bezeichnungen wurden
inzwischen zugunsten einer ganz beschreibenden Klassifikation verlassen.
In ihrem Klassifikationssystem ICD-10 fasst die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) alle Depressionen, Manien, Dysthymien
und Zyklothymien unter dem Begriff der affektiven Störungen zusammen. Die
Unterscheidung der verschiedenen Krankheitsbilder basiert nunmehr
ausschließlich auf den Kategorien Symptomatik, Schweregrad, Dauer und
Rückfallrisiko.